Eines Tages ließ ich sie doch in meine Hölle rein.
Ein Schreibtisch mit Kerzen, eine Matratze, zwei Stühle und eine Kochnische,
mehr konnte ich ihr an diesem Abend nicht bieten.
Ich glaube sie wollte mich nicht ändern, wie es die meisten Frauen wollen.
Sie wollte mir nur was zu essen bringen und mit mir reden.
Es waren Essensreste die im Cafe übrig geblieben waren, ein gemeinnütziger Verein, dieses Cafe.
Dort gab man ihr einen Euro die Stunde; und die Essensreste durfte sie mitnehmen.
Ihr Job war es für die Mitarbeiter, eines allgemeinnützigen Betriebs einzukaufen, zu kochen, die Kunden zu bedienen und ihnen einen wunderschönen Tag zu wünschen.
Wir saßen, ohne Strom, fast drei Stunden auf meiner Matratze. Wir tranken meinen Wein, und ich zehrte von ihrer Liebenswürdigkeit.
Im Kerzenschein wirkte dieser Augenblick romantisch, fesselnd und unvergesslich; wenn auch kein Sex in Sicht war.
Ich freute mich sie in der nächsten Woche wieder zu sehen; bis dahin hätte ich schon eine Stirnlampe besorgt, aber sie kam nicht.
Tage nach unserem Treffen starb sie an Unterernährung oder Bulimie; was macht es für einen Unterschied, wenn der Magen gefüllt ist und das Herz verlassen.
Vielleicht hätte sie sich Trinkgeld wünschen sollen, anstatt anderen einen wunderschönen Tag zu wünschen.
(Meiner Freundin Anja gewidmet)
August 2014

Sabine Schubert
August 10, 2014 at 4:05 p.m.Ich habe Gänsehaut…